Bis zu den Lofoten haben wir es 2011 bereits einmal geschafft. Damals noch mit meinem altersschwachen, aber treuem Opel Astra …. Er Ruhe in Frieden…. Aber es geht heute nicht um meinen damaligen vierrädrigen Freund.
Informationen über den Norden Norwegens gibt es viele – und doch keine. Ist das Reiseziel das Nordkap hat man es mit der Vorbereitung einfach. Man steuert schnurstracks auf der E6 das überall ausgeschilderte Nordkap an, um dann behaupten zu können, auf der grössten Camper-Ausstellung gewesen zu sein. Wer uns kennt, weiss, dass wir gegen den Strom schwimmen. Soll nicht heissen, dass wir genau in die andere Richtung fahren. Vielmehr weichen wir wann immer möglich, den breiten, gut ausgebauten Strassen aus und schleichen auf Nebenstrassen mit tiefen Schlaglöchern durch die Landschaft. Und siehe da: es gibt es noch, das Norwegen ohne Tourismus, ohne Detlev, Chellenger und .co. Ausser uns…
Unseren gemieteten Untersatz nehmen wir bei Tromsö entgegen. Sauber und verkehrstauglich – das hatten wir auch schon anders erlebt. Die erste Nacht verbringen wir auf einem Campingplatz unweit von Tromsö. Nett, überschaubar, hygienisch 1A und ruhig.
Nach kurzer Aklimation und Einrichtung unseres Equipments steuern wir Richtung Norden die Lyngenalpen an. Eher bekannt bei Extremskifahrern und Bergsportlern. Die schmale Strasse schlängelt sich nordwärts dem Ullsfjorden entlang. Bis zu 1834 Meter, teils noch schneebedeckte Gipfel ragen unmittelbar neben uns auf. Am Ende der Strasse geht es nur noch zu Fuss weiter – bis zu Lyngstuva – ein scheinbar von den hier Wohnhaften gern besuchter Aussichtspunkt. Jedoch wird aus unserem Ausflug nichts. Nistende und hoch aggressive Küstenseeschwalben verteidigen ihre Nester. Wer mit diesen Geschöpfen bereits Bekanntschaft machen durfte, weiss, dass Hitchcock’s „Die Vögel“ Realität werden kann… Wir schlagen unser Lager auf und geniessen die Mitternachtssonne mit Blick über den Fjord.
Gegen 3:00 Uhr werden wir nicht nur von der stechend grellen Sonne geweckt, sondern ein Austernfischer findet es sehr amüsant auf unserem Dach nach Würmern zu picken…
Am nächsten Tag wagen wir einen kurzen Abstecher zu Fuss in die Gebirgslandschaft, entlang eines Flusses bis zu einem kristallklaren See. Dem sonnigen, beinahe windstillen Sommertag frönen allerdings auch kleine, fiese Stechmücken. Ein ruhiges Verweilen ist schier unmöglich, da man immer wieder um sich wedelt, sich auf Beine oder Arme schlägt, in der Hoffnung wenigstens eine von diesen Blutsaugern zu erlegen. Die Einsamkeit und Ruhe ist trotzdem einmalig.
Unsere Weiterfahrt bringt uns bis zum Jökelfjord. Die Grenze zur Finnmark. Ein an sich unspektakulärer Fjord, insofern man nicht bereit ist, die 4 km bis zum Öksfjordjökelen – einem ins Meer ragenden Gletscher zu laufen. Der kurze aber von Wurzeln und Steinen übersäte Weg führt entlang des Fjords bis zu einem Aussichtspunkt, mit Grill- und Sitzplatz. Bei beinhae sommerlichen Temperaturen machen wir Rast, lassen unsere Blicke über den Fjord und den türkisblau schimmernden Gletscher schweifen und lauschen gebannt dem Geräusch des kalbenden Gletschers ausserhalb unserer Sichtweite.
Das Wetter schlägt um. Schwere, mit Regen gefüllte Wolken schlucken das restliche Tageslicht. Und das erste Mal ist es Dunkel im Norden Norwegens.
Trotz Bettschwere warten wir bis unsere Verabredung zum Fischen eintrifft. Bei eiskaltem, vom Wind peitschendem Regen, harren wir aus und nach weniger als 20 Minuten halten wir einen schönen Seelachs in den Händen. Sie schenkt uns den Fang – sozusagen als Belohnung für unser Durchbeissen.
Fischen im offenen Meer gehört in Norwegen sozusagen zum Jedermannsrecht. Und die Verlockung, am Abend fangfrischen Fisch auf dem Teller zu haben, treibt uns in den nächsten Supermarkt zum Angel kaufen. Es muss ja nicht gleich ein Hightec-Teil sein.