Heute gibt es gleich zwei Fotos von mir. Ich finde das Thema – also eigentlich beide Themen – nämlich wahnsinnig spannend.
Das erste Foto ist ganz unabhängig von dieser Wochenaufgabe entstanden – zufällig genau mit dem Ziel ein high key Foto zu schiessen. Das Motiv ziert mittlerweile eine Glückwunschkarte für die Hochzeit ganz lieber Menschen um uns. Mit verschlungenen Händen durchs Leben gehen – das war die Idee.
Mein zweites Foto entstand ebenfalls spontan und nicht geplant. Ich habe versucht die dunkle, nasskalte Stimmung einzufangen. Zugegeben, es hätte noch mehr low key sein können – aber für mich ist das stimmig so. Und für Euch?
Ein schönes Thema – es passt hervorragend zur Adventszeit. Die Zeit, die uns langsamer werden lässt, nachdenklicher. Es neigt sich dem Ende zu. Dieses Jahr, was so anders war, als wir es geplant hatten. Ein kleiner Virus hat alles durcheinander gebracht. Das beruhigende daran : alles ist vergänglich.
Und was ist vergänglicher als die Zeit? Sie rinnt uns wie Sand durch die Finger. Die Zeiger bewegen sich unaufhaltsam. Allzu oft vergessen wir, dass wir selbst bestimmen können, wie schnell sich die Zeiger drehen. Innehalten, anhalten, die Zeit verlangsamen. Es ist möglich, wenn wir bewusst durch die Welt gehen. Den Mut haben, auch einmal stehen zu bleiben und einfach im Augenblick zu sein.
Müll – ein Thema das noch vor wenigen Monaten die Welt und die Schlagzeilen der Tageszeitungen füllte – bis Corona unser Leben auf den Kopf stellte.
Schien es, dass Creta’s vehementes Auftreten auch beim letzten Streichholz ein Licht entfachte, genauso schnell ist das Thema Plastik und Müll aus den Köpfen. Dabei ist es nach wie vor ein Thema, dass uns mit oder ohne Maske im Gesicht zu denken geben sollte.
Auf meinem Weg vom Bahnhof nach Hause konnte ich insgesamt 10 Fotos von Müll auf der Strasse oder am Strassenrand schiessen. Diese Strecke lege ich zu Fuss in 7 Minuten zurück – gemütlich. Auf einer Strecke von etwa 1.5 km findet man neben Büchsen, Tetrapack, Plastikfolie, Kaugummies unzählige Zigarrettenkippen. Es ist zum Davonlaufen und Haareraufen. Wie rücksichtslos die Spezie Mensch mit seiner Umwelt umgeht.
Wie kommt jemand auf die Idee seine leer getrunkene Redbull-Büchse auf die Strasse zu werfen oder den Gehweg als Aschenbecher zu brauchen? Wo ist da die Erziehung geblieben? Oder wird man so? Es macht mich wütend und sprachlos.
Foodfotografie – war sie vor wenigen Jahren noch eher die Aussnahme, begegnen uns heute immer öfter, mehr oder weniger gute Aufnahmen von Nahrungsmitteln, Mahlzeiten oder gar ganzen Menüs. Das Thema Ernährung und Lebensmittelqualität rücken immer mehr in den Vordergrund unserer Wohlstandsgesellschaft. Superfood, Microgreens, Foodporn und noch viel mehr solcher und ähnlicher Begriffe haben wir in unseren Sprachgebrauch aufgenommen.
Doch dieser „Trend“ hat auch seine Schattenseiten. Wir konsumieren wie die verrückten, haben zu viel davon in unseren Vorratsschränken und immer mehr Lebensmittel werden einfach weggeschmissen. Und das nur, weil uns die Industrie vorschreibt wie lange ein Lebensmittel haltbar sein soll oder das Produkt nicht mehr dem „Ideal“ entspricht. Das Vertrauen in unsere ureigenen Fähigkeiten schädliche Dinge zu erkennen, rückt immer mehr in den Hintergrund und verkümmert. Wir machen uns selbst zu Marionetten der Wirtschaft.
Meine gelb-braune Banane landete nicht auf dem Kompost – sondern in meinem allmorgendlichen Müsli mit Haferflocken und Quark – ohne Superfood.
Ich gebe es nicht gern zu, aber in Sachen Malerei bin ich vollkommen ahnungslos. Es gibt wenige Gemälde die ich erkenne und kenne. Ich darf behaupten, mich bemüht zu haben mich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen und habe doch ein paar Ausstellungen besucht. Aber meistens muss ich zu meiner Schande gestehen, bahnt sich nach spätestens 15 Minuten das erste Gähnen an, das ich auch nicht lange unterdrücken kann.
Umso entsetzter nahm ich das neue Thema zur Kenntnis. Oh je – Gemälde nachstellen. Sofort kreisten meine Gedanken um die wenigen Künstler und dessen bekannte Werke durch den Kopf. „Sternennacht“ von Vincent van Gogh – wäre umsetzbar gewesen wenn mich nicht jeden Abend mit Einbruch der Dunkelheit die Müdigkeit vom Gegenteil überzeugt hätte. „Mona Lisa“ von Leonardo da Vinci wäre auch umsetzbar gewesen, wenn denn mein von mir erwähltes Model auch eingewilligt hätte. „Die Geburt der Venus“ von Sandro Botticelli gestaltete sich von Vornherein eher schwierig, da es mir schlichtweg an schwebenden Engeln fehlte. Auch die Suche im Internet nach Gemälden erzeugten eben den gleichen Effekt wie in den Galerien zuvor: Gähnen.
Es war einfach zum Schreien. Schreien? Ja genau – ich hatte endlich mein Gemälde gefunden. „Der Schrei“ von Edvard Munch ! Den roten Himmel und die eher ausserirdisch anmutende Gestalt ignoriere ich grosszügig und inszeniere das „Gemälde“ für mich neu.
Es zeigt etwas persönliches von mir – ich gebe etwas preis. Manchmal könnte ich Schreien – aus Wut und Unverständnis. Ich weiss, dass die letzten Wochen sehr hart waren – für viele. Sei es die Ungewissheit wie es beruflich weiter geht oder auch „nur“ die Auflage sich nicht mit anderen Menschen zu treffen. Und kaum wird von einer sanften Lockerung gesprochen, ist kaum mehr etwas von Zurückhaltung zu spüren. Mir ist klar, dass wir uns alle nach dieser banalen Normalität sehen, dass wir genug von Corona, Covid-19, Social Distancing, Bleib zu Hause gehört haben. Wir schreien förmlich: Lass es aufhören! Aber es wird nicht aufhören, wenn wir jetzt aufhören zurückhaltend zu sein.
Bleib zu Hause – Bliib dihei – Bleib dahoam – Stay at home