52 WEEKS CHALLENGE – 22

Woche 22 : Freiraum

Als ich vergangenen Montag von dem neuen Thema las, dachte ich zuerst an ein Metapher. Also im übertragenen Sinn das Wort „Freiraum“ in ein Foto zu übersetzen. Stattdessen ist damit etwas ganz anderes gemeint.

Wer kennt sie nicht, diese Aufstellkalender – 365 glückliche Tage mit glücklichen Sprüchen… Ich kenne Menschen, die haben die Dinger in der ganzen Wohnung verteilt – sogar auf der Toilette (ok, hier ist es ein netter Zeitvertreib). Die mehr oder weniger gekonnten Fotografien bedienen sich genau dieser „Technik“ des Freiraums. Einen freien Raum lassen, auf dem Texter sich verewigen können.

Ich hatte schnell mein Sujet im Kopf, denn ich mag diese Fotografien die etwas „Einsames“, „Verlorenes“ oder ein bisschen melancholisch wirken. Beinahe hätte mir das Wetter allerdings einen Strich durch die Rechnung gemacht und anstatt dicker Regentropfen brach der Himmel auf und belichtete die Szenerie extrem freundlich. Mein grosser aufgespannter Regenschirm hielt somit nicht mich und meine Objektivlinse trocken, vielmehr spendete sie Schatten.

Mein Model, nennen wir sie Tante Olga, zierte sich Anfangs, erkannte aber bald ihre Karrierechancen und setzte sich gekonnt in Szene – bzw. kroch in die richtige Richtung.

Das Foto lässt Spielraum für Sprüche die genau in einen solchen Aufstellkalender passen. Einen habe ich schonmal hineingesetzt. Vielleicht fällt dem einen oder anderen Besucher ja noch mehr ein…?


my way

22 – Freiraum – My way

52 WEEKS CHALLENGE – 17

Woche 17 : Unschärfe

Ein Foto was nicht scharf ist ? Normalerweise ist der Klick auf des Papierkorbsymbol schneller getan als das man sich noch eine Sekunde länger mit einem unscharfen Foto auseinandersetzen würde. Wozu auch. Wird einem doch auf Webseiten der Kamera- und Objektivhersteller erzählt, dass es einzig und allein auf die Schärfe im Foto ankommt.

Aber diesmal geht es genau darum : Unschärfe als Stilmittel einsetzen. Und wer glaubt, dass das ja mal ganz schnell erledigt sein sollte, der täuscht sich gewaltig. Denn so ein Fünkchen Schärfe braucht es meiner Meinung nach eben doch – oder nicht ? Es fiel mir auf alle Fälle schwer einfach ins Geratewohl zu knipsen – egal ob scharf oder eben nicht.

Mein Motiv war mir eigentlich schnell klar. Ich gebe zu – ich stehe auf Bewegungsunschärfe – gezielt eingesetzt kann das sehr spannende und auch ästhetisch grafische Abbildungen ergeben. Aber diesmal passte das irgendwie doch nicht. Es fühlte sich so belanglos an. Was nicht heissen soll, dass es langweilig ist. klick

Wir fuhren durch das schöne Züricher Oberland bei grauen dicken Regenwolken die sich mit dünnen hellen Flecken den Himmel streitig machten. So entstand mein heutiges Foto – während einer kurzen Autofahrt als Ausflug durch den abendlichen Frühjahrsregen.

Unterwegs sein fühlt sich nach Freiheit an. Ein langsames wieder nach draussen gucken und beinahe erstaunt feststellen: die Welt dreht sich noch genauso wie vorher.


Wo bist Du unterwegs ?

Unterwegs
17 – Unschärfe – Unterwegs

3500 km durch Norwegens Norden – zentrale Finnmark

Am Abend testen wir unsere Neuerrungenschaft und werfen die Angel aus. Nach anfänglichen Schwierigkeiten beisst endlich einer an. Ein Seelachs von gut 750 Gramm. Genug für uns beide. Die Einheimischen sagen: wer hier keinen Fisch fängt, hat vergessen die Angel auszuwerfen.

Der Teil mit dem Töten des Fanges bereitet uns grössere Mühe als gedacht… Es gehört leider dazu.

Auf unserer Weiterreise Richtung Alta, immer der Nordküste entlang, treffen wir auf Rentierherden mit ihren Jungen. Auf ihren unproportioniert, langen Beinen erwartet man beinahe, dass sie bei jedem Schritt straucheln. Mitten im Fellwechsel, gewinnen diese sonst wunderschönen, scheuen Tiere, keinen Schönheitspreis. Etwas dümmlich schauen sie uns mit grossen, dunklen Augen an, als wir im Schneckentempo an ihnen vorbeiziehen.

Unser ursprüngliches Ziel „Hammerfest“ zerschlagen wir und entscheiden uns, weiter in Richtung Nordkap zu fahren. Allerdings biegen wir als einzige einer nicht endenden weissen Caravan Kolonne von der E69 ab auf die 889.

Ich wage zu behaupten, dass wir trotz nebeligem Dauerniesel, mehr gesehen haben, als wenn wir der Kolonne gefolgt wären. Nach einer Querung durchs Hochland öffnet sich plötzlich die Landschaft. Dramatisch und mystisch hüllt der tief liegende Nebel die säumenden Berge ein. Das Meer ist dunkel und unruhig. Delfine tümmeln sich im Fjord und lassen die Szenerie noch schöner wirken. In einer kleinen Bucht mit weissem Sandstrand, den wir zwar als solchen nicht nutzen können, schlagen wir unser Nachtlager auf und beobachten Rentiere in der Ferne.

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Am nächsten Morgen stellen wir zum einen fest, dass die etwas skurrile Betonkunst vor unserer Nase auch ein WC beinhaltet. Zum anderen muss sich ein fellwechselndes Rentier unser Gefährt als ideales Reibobjekt ausgesucht haben. Zumindest zeugen Rentierhaare zu beiden Seiten des Autos davon.

Die mutmasslichen Verursacher spüren wir auch bald auf und schleichen uns gebückt an sie heran. Da stelle ich mir erstmals die Frage: können Rentiere Farben sehen? Dann sollte ich in Zukunft auf meine rote Wanderhose verzichten…

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Wir verlassen den wunderschönen Flecken Erde, kehren zurück zur Kolonne und folgen den Spuren bis zur Samenhauptstadt Karasjok. Die breite Strasse ist von dichtem Wald gesäumt und lässt nicht viel Aussicht zu. Ab und an lichtet sich der Wald und gibt moosüberzogene Gesteine frei. Holzgatter und Jurten zeugen vom Rentiertrieb im Frühjahr und Herbst. Es regnet in Strömen und an Fotografieren ist nicht zu denken. Kaum richtet man die Kamera auf, ist die Linse bereits mit unendlich vielen Regentropfen benetzt. Wir geben auf, und steuern den einzigen Camping in Karasjok an.

Der äusserst freundliche Empfang vertreibt einem die Regengedanken. Und tatsächlich. Am Abend öffnet sich der Himmel und schickt ein paar einzelne Sonnenstrahlen zu uns. In einem gemütlichen lavvo (samisches Zelt) wärmen wir uns auf mit Rentierfellen gepolsterten Holzbänken am grossen Feuer in der Mitte. Ein älterer Sami sorgt immer wieder für Nachschub an Birkenholz. Der Rauch hüllt uns ein, vertreibt die Mücken, wärmt und es duftet einfach herrlich.

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Wer glaubt, dass die Sami ein verschrobenes Nomadenvölkchen sei, der irrt gewaltig. Ich habe mir sagen lassen, dass Sami es überhaupt nicht gern haben als Exoten betrachtet zu werden. Und tatsächlich: Der Ortskern von Karasjok unterscheidet sich in keinster Weise von anderen europäischen Städten. Kinderwagen schiebende junge Mütter die sich über den neuesten Fortschritt ihres Nachwuchses unterhalten. Ältere Herrschaften mit Rollator die den vormittäglichen Einkauf erledigen. Schulpflichtige Kinder im Ferientaumel mit ihren Fahrrädern in der Fussgängerzone. Alles ganz banal und alltäglich. Keine Rentiere, keine Jurten, keine Feldwege und Trödelstände. Doch – eins fällt auf – die samische, farbenfrohe Tracht wird auch im Alltag gern getragen. Nicht sehr häufig, aber man sieht sie immer wieder.

Wir verbringen noch eine gefühlte Ewigkeit in dem grossen Parlamentsgebäude der Samen – welches auch eine Bibliothek beinhaltet – die grösste Sammlung samischer Literatur. Nicht dass mich der Blitz in der Nacht mit der Gabe getroffen hätte, samisch lesen zu können. Aber es gibt ja auch Fotobücher und tatsächlich ein deutsches Buch über samische Heilkunst. Spannend. Allein das Gebäude ist ein Besuch wert. Die Aussenfassaden werden von breiten Holzbohlen geziert. Lichtdurchflutete, endlich lange Bücherregale. Von der Decke hängen zahllose Glühbirnen, die an einen Sternenhimmel erinnern. Der samenzeltförmige Plenarsaal wird von einem riesigem blau-goldenem Kreisel eingenommen und lässt uns den Mund offen stehen. Hier debattieren und entscheiden die Sami über ihre Innenpolitik.

Die Rückfahrt Richtung Norden erleben wir diesmal zwar bei Sonnenschein, aber es ändert wenig an der landschaftlichen Tristesse von waldgesäumten Strassen…

weiter zu teil 3…

noch mehr fotos aus norwegens norden findest du hier